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In meiner ersten Woche in Polen (ist das wirklich schon zehn Monate her?), als ich das erste Mal in einer gemischten Googler-Gruppe ins Breslauer Leben hinauszog, ließ ich mich nichtsahnend an einem Tisch nieder, der ein wenig zu klein für unsere Gruppe und darum großzügig umstuhlt war.

Kaum saß ich, zog mich eine der Gosias (*) von meinem Stuhl und wirkte aufgeregt.
"Nein, das geht nicht, schnell, wir tauschen die Plätze - ich nehme Deinen Platz. Ich bin ja verheiratet."
Der Kontext erschloss sich mir keineswegs. Schließlich gab ich aber nach und bekam statt meinem mittelkomfortablen Platz an der Ecke des Tisches einen mit direktem Zugang zu einer Tischseite.
Die Erklärung folgte bald: In Polen (und übrigens auch in der Ukraine) befürchtet man, dass eine auf eine unverheiratete Frau zeigende Tischecke auf irgendeinem obskuren Wege deren Chancen auf eine zukünftige Heirat zunichte macht. Gosia war bereits sicher, da unter der Haube, und konnte so entspannt den Platz an mich abtreten.


Am letzten Freitag hatten wir eine vorgezogene Andrzejki-Party im Büro. Andrzejki ist eigentlich am 30. November, am Tag des heiligen Andreas. Irgendwer sagte mir mal, dass es die Fastenzeit vor Weihnachten einläutet, doch das ist unbestätigt. Sicher ist, dass man allerlei Spielchen nachgeht, in denen man als (wie könnte es anders sein) unverheiratete Frau herausfindet, ob, wann und wen man ehelichen wird. Per Wachsgießen kann man Details über den Zukünftigen zu ergründen versuchen, eine Kartenlegerin kann weitere Informationen liefern, und als Höhepunkt ziehen alle Damen einen Schuh aus und begeben sich in eine Zimmerecke. Dort stellt die erste ihren Schuh ab, die nächste ihren dann mit der Ferse an die Spitze des ersten, und sobald alle ihr Schuhwerk ebenso plaziert haben, setzt die erste ihren Schuh an die Spitze. So kann man sich dann heiter quer durch den Raum bewegen. Die Besitzerin des Schuhs, der die Türschwelle überquert, kann dann im folgenden Jahr auf eine Eheschließung hoffen.

Nun, das war dann mein Schuh. Ich war nicht allzu heiratswütig in diese Vergnügung gegangen (ich wurde eher zwangsverpflichtet), sah mich dann aber einigen sehr enthusiastischen Damen gegenüber, von denen eine sogar meinen Schuh zu erbeuten versuchte. (Das verbat ich mir, witterungshalber.)


Ich habe beschlossen, anzunehmen, dass sich nun die Weisheit meines Schuhs und die Macht des Tisches ungefähr die Waage halten.

Die Zukunft bleibt damit gewohnt ungewiss.



(*) Polen ist ein wenig unterversorgt an Vornamen in der Generation, die heute zwischen 20 und 30 ist. Unter den rund 100 Leuten im Büro reichen teilweise nicht einmal mehr die Buchstaben der Nachnamen zur eindeutigen Identifizierung - wir haben allein 3 Kasia K.s und 2 Asia Po.s und eine Vielzahl sonstiger Namensdopplungen.
Als Anke bin ich da zwar nicht direkt betroffen, doch selbst vor meinem ja eigentlich bereits verniedlichten Vornamen macht der wahre Pole nicht halt. Das Problem hier: "Anka" ist eine gängige Verkürzung von "Anna". Und Vornamen werden im Polnischen grundsätzlich nach festen Regeln abgekürzt. Eine Anna wird damit gewöhnlich zur Ania, manchmal bei besonderer Zuneigung auch zu Anusia. "Anka" wird sie dagegen nur bei Verärgerung oder höchst formaler, distanzierter Anrede. Mein Vorname wird darum oft nicht als neutraler, eigenständiger Name wahrgenommen, sondern vielmehr haben Leute den Eindruck, mit mir zu schimpfen oder ungerechtfertigt unfreundlich zu sein, wenn sie mich Anke nennen.
Ergo reihe ich mich nun für einige in die Reihe der Anias ein. Seufz! Dahin ist die Individualität.

Vorzüge des neuen Schreibtischs
Der Blick von meinem neuen Schreibtisch bei günstiger Witterung
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Erwähnte ich?

Diplomarbeit
=
fertig, gedruckt, gebunden, abgegeben


verdrängt


Schlaf nachgeholt, Wohnungschaos von Wochen beseitigt, noch mehr Schlaf nachgeholt.
Und jetzt bin ich in Düsseldorf, werde mich gleich in den Aquazoo begeben, und auch nach einer Woche bin ich noch nicht ganz das latente schlechte Gewissen los, wenn ich mich unterhaltsamen Tätigkeiten widme und nicht über diplomarbeitsrelevante Themen nachdenke. Nicht einmal das In-der-Hand-halten des fertigen Produkts war da wirklich ein einschneidendes, erleichterndes Erlebnis.

Also muß ich wohl oder übel das Spaßprogramm zur Rettung meiner geistigen Gesundheit fortsetzen. Momentan auf der Liste stehen Harry Potter in seiner 5. und 6. Inkarnation und ein paar Nähpläne.
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An eine Ersatz-Tintenpatrone hatte ich gedacht, doch ohne einen beiläufigen Kommentar meiner Mutter ("Daran muß ich dich ja bestimmt nicht erinnern...") hätte ich hier übermorgen ohne Druckerpapier gesessen. Ich zittere noch nachträglich von dem Schock. (Wenn also irgend jemand eine Idee hat, was mir noch an essentiellen Diplomarbeitsfertigstellungsutensilien völlig entfallen sein könnte, dann bitte ich um baldigen Kommentar!)

Was ich ansonsten nicht vergessen habe:

  • - Prüfungsamt anrufen, ob es auch wirklich Montag geöffnet ist oder, wie schon oft, spontan Urlaub hat. Nicht, daß frühere Auskünfte immer verläßlich waren, aber immerhin habe ich es probiert.
  • Tintenpatrone, wie bereits erwähnt
  • Copyshops befragen. Der bei mir um die Ecke weigert sich, Auskünfte zu geben, wie lange vorher man etwas abgeben muß, um sicher sein zu können, eine gebundene Diplomarbeit zum richigen Zeitpunkt in Händen zu halten. Bekloppte Geschäftsstrategie!! "Kann dauern. Weessick nich. Kommt drauf an." Idiot. Ein etwas weiter entfernter, aber besser beleumundeter Kopierladen SCHWÖRT bei telefonischer Nachfrage, daß Bindungen umgehend erledigt werden, und das jeden Tag bis Mitternacht.
  • Allgemeine Fertigstellung der Diplomarbeit ist auch fest eingeplant. Haha.
  • Raum lassen für Layoutdesaster. (Spontan habe ich eine Vision des Wohnheimshausmeisters, wie er Havarie! Havarie! rufend Pannen kommentierte. Hach ja, die gute alte Zeit im Wohnheim, wo gerne mal bei -5°C die komplette Heizungsanlage mehrere Tage ausfiel. Glücklicherweise wohnte er da ja auch und war somit sehr motiviert, schnell Abhilfe zu schaffen. Vor allem, da er "da ja nen neujeborenen Säugling in der Wohnung zu liegen" hatte.
    Oh, ich schweife ab. Was ich eigentlich sagen wollte: plötzlich findet Word es amüsant, ohne jegliches Zutun meinerseits spontan Leerzeilen in de Kopfzeilen einzufügen, so daß ich plötzlcih mit doppelt so vielen, allerdings halbleeren Seiten dastehe. Außerdem findet das Programm plötzlich, daß es doch eine gute Idee sei, beim Formatieren einzelner Wörter die gewählte Formatierung auf das gesamte Dokument anzuwenden, so daß man dann statt einer hübschen Überschrift plöztlich die gesamte Arbeit fett und unterstrichen vor sich sieht.
    Hach, was ein Spaß.
  • Die fertiggestellten Teile sind von vier unabhängigen Personen mit praktischerweise sehr unterschiedlichen Interessen und Fachgebieten korrekturgelesen worden, so daß jedem etwas völlig anderes aufgefallen ist. Ich versuche, nicht zu überlegen, wieviele Fehler noch gefunden würden, wenn es noch vier weitere Menschen läsen, denn das würde zu weit führen.


Solche Freude. Dideldei.

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